Daniels Blogbuster

Samstag, November 03, 2007

Schweden-Tagebuch 2007

Dieser Eintrag in meinem Tagebuch sowie das gesamte Tagebuch gleichermaßen sollen einem besonderen Menschen gewidmet sein.



Montag, der 9. Juli




In glücklicher Erinnerung an
Hans-Göran,
den ich in Gottes Hand geborgen wissen darf.



„Das kann man so sagen, oder?“



Es ist jetzt schon 23 Uhr oder so. Dieser Tag ging, wenn er auch lange dauerte, wieder einmal schnell um. Das klingt möglicherweise paradox, beinhaltet jedoch keine Widersprüche. Sowieso – ich lese ja gerade dieses prosaische Physikbuch und daher weiß ich, dass Raum und Zeit ja sehr relativ sind – zu was auch immer. Wahrnehmung und Bewusstsein sind ja auch immer bedeutende Faktoren.

Heute waren wir in einem kleinen schwedischen Örtchen, dessen Name ich allerdings nicht behalten konnte und ich möchte jetzt auch nicht Margaretha dabei stören, das Foto zu studieren, welches die Vorlage des Puzzles darstellt, welches gerade sie, meine Mutter, schließlich zum Teil auch ich, folgend mein Vater und damit auch Céline, die er eigentlich ins Bett zu bringen vorhatte, zusammenzusetzen versuchen.

Nachdem mein Vater, Céline und Hans-Göran angefangen hatten, Mr. Bean zu schauen und Margaretha und meine Mutter sich in das Nebenzimmer (den Aktivitätenraum) gesetzt hatten und ebenjenes verhängnisvolle 1500-Teile-Puzzle begannen, dachte ich nur, mir sei eigentlich nach beidem nicht so sehr und entschloss mich, genanntes Buch eines passenderweise schwedischen Autors weiterzulesen.
Es ist wahrlich erstaunlich, welche Macht ein zuvor noch prächtiges Foto, auf eine Pappscheibe gedruckt und von einer Maschine in viele kleine, merkwürdig geformte Einzelteile gestanzt, auf sein Umfeld ausstrahlt. Äußerst verhängnisvoll. Zeitweise habe auch ich mein Buch weggelegt und dem Wahn beigeeifert.
Die vier Ecken zu finden, ist die erste Hürde, damit die erste Herausforderung und somit der erste Schritt zur Sucht. Dann alle Kantenstückchen. Und immer noch frage ich mich, warum bezahlt man Geld dafür, etwas mutwillig Zerstörtes mit viel Zeitaufwand wieder zusammenzusetzen. Mein Vater sagt: „Man darf nicht zu lange darüber nachdenken.“ Gut, dass dies keiner hier zu tun scheint, vor allen Dingen gut für diesen Spielehersteller. Man hatte erst Ordnung, dann wurde sie zerstört, dann stellt man sie wieder her und tut so, als sähe man diese Nahtlinien, die Schnittstellen, nicht und freut sich über das Foto, das auf einem normalen Poster viel schöner wäre. Aber dann fehlte eben dieser Schaffensprozess.

Also gut, ich war bei diesem Örtchen stehengeblieben. Aber darüber gibt es eigentlich sowieso nicht viel Spannendes zu berichten. Wir waren in einer recht hübschen kleinen Kirche,

in diversen Bekleidungsgeschäften,

(Die sich umkleidende Person, die mein Vater dort beäugelt, ist übrigens meine Mutter. Also kein Grund zur Sorge. Er darf das – glaube ich.)

am Nachmittag in einem Café – wie könnte es anders sein? – einen Kaffee trinken



(wobei Hans-Göran und ich die meiste Zeit mit Nachdenken oder damit, ein Stillleben herzurichten, verbracht haben.)


(Die Kunst des Stilllebens. Nun, ich bin mir der Werbung bewusst, doch waren Stillleben ja bekanntlich schon immer reine Werbeplakate zu Gunsten der Landwirtschaft und der Floristen (siehe van Goghs „Sonnenblumen“). So sind es heutzutage die Optiker die beworben werden... Ha! Ihr dachtet doch nicht, ich rede von der Dose Coca Cola Zero – jetzt mit zero Zucker – bei einem Getränkehändler in Ihrer Nähe!?)

und schließlich in einem seltsamen Park mit einem so genannten Schloss, das allerdings, wenn es sich viel Mühe gab, höchstens eine dann doch recht üppige und ausladende Villa darstellen konnte (an das sich merkwürdigerweise eine Art Bauernhof anschloss). War ein ganz netter Anblick. Nur hob sich dieses imposante Bauwerk mit seinen weißen Wänden leider kaum vom grauweiß behangenen Himmel ab. Margarethas leicht ironischer Kommentar zu dieser Parkanlage: „Es ist sicher sehr schön – bei gutem Wetter.“








(Rätsel: Was ist das?)



Auf dem Rückweg, dem einspurigen Schotterweg, an dem entlang sich auf der rechten Seite ein See, dessen Name ich bislang mangels Interesse noch nicht herausgefunden habe, erstreckt, ertönte zum (kurzer Einwurf: Grüße von Hans-Göran! Er zeigt uns gerade seine schmerzvolle Verletzung, die er sich im Kampf mit der Spühlmaschine – beim Ausräumen – zugezogen hat. Er wollte unbedingt, dass ich es hier verewige. Jetzt freut er sich. Doch ist er immer noch auf der Suche nach Aufmerksamkeit. Hans-Göran: „Ich habe mit dem Arzt telefoniert und er sagte: 'Es gibt nicht viel Hoffnung für dich...'“) Höhepunkt – ja, Höhepunkt wollte ich es eben nennen. Aber die Aussage werde ich wohl nach Hans-Görans Auftritt revidieren müssen. Also sagen wir mal – des heutigen Ausflugs die Stimme des Navis: „Fahren Sie rechts!“ Wir hatten allerdings wenig Interesse daran, unsere Reise im See zu beenden. Nun kam mein Vater gerade wieder, um sich für die Nacht zu verabschieden: „Ein Teil finde ich noch!“ Jaja, der alte Puzzlesüchtige. Während ich nur hämisch darüber grinsen kann, dass sich hier doch langsam ein wenig Unmut und Frust über nicht auffindbare Puzzleteile breit macht und die Beteiligten, die sich immer wieder vornehmen, jetzt doch wirklich ins Bett zu gehen (sogar mein Vater, der gerade noch aufbruchbereit stand, setzt sich gerade wieder dazu), beende ich meinen Eintrag für heute und wünsche, obgleich ich wahrscheinlich nicht gleich ins Bett gehen werde, eine gute Nacht.
Es ist jetzt 5 vor 12. Dann hab ich das jetzt ja auch gerade noch geschafft. Ich kann wirklich stolz auf mich sein. Immerhin weiß ich, wann ich aufhören muss, nicht wie diese Puzzlefreaks um mich herum. Schlussworte zu finden, war ohnehin immer eine Kunst, die mir liegt. Lustig, dass meine Mutter just in diesem Augenblick sagt: „Daniel, du schreibst ja ununterbrechlich...“ Sie sollte sich mal sehen. Ein Opfer des sinnlosen Zeitvertreibs, ohne ein Ende zu finden. Ich bin da ja ganz anders. Ich weiß, wann es Zeit ist, aufzuhören. Einen prägnanten Schlusssatz habe ich ja für jeden Text parat. Es ist ja nicht so, als müsste ich ewig weiterschreiben. Nein, nein. Schließlich habe sogar ich manchmal noch Besseres zu tun. Mir fällt nur gerade nicht ein, was.

20 nach 12: Bin inzwischen wirklich längst fertig, war aufm Klo, komme wieder und erblicke zu meiner Freude die beiden Damen, mittlerweile stehend (typisches, nicht eingestehendes, widerwilliges Suchtverhalten), immer noch das Puzzle bearbeiten. Ich muss das nicht aufschreiben, ich stehe auch schon zum Aufhören bereit, aber das wollte ich noch loswerden. So!